Monotheismus

 

Weitere Fragen betreffen die Entstehung des Monotheismus aus historischer Sicht. Wie und Wo setzt du dessen Wurzeln an?

Und wo siehst du den grundlegenden Unterschied zwischen einer polytheistischen Religion, in der verschiedene Götter als die Organe des einen großen Gottes bezeichnet werden und einem Monotheismus, der Engel etc. postuliert - und seinem Gott ebenfalls verschiedene Aspekte abgewinnen kann, die mit unterschiedlichen Begriffen bezeichnet werden?

mfg




Lieber .............,

Ich kenne dazu einen Vortrag, der mir nach recht genauem Durchlesen durchaus lesenswert erscheint. In den thread kopiert sind die Fußnoten nicht sehr leicht als solche zu erkennen.
Hier ein recht langer Ausschnitt alles Weitere unter:
www.kreuzer-siegfried.de/texte-zum-at/monotheismus.pdf




Professor Siegfried Kreuzer, evangelischer Theologe:


Vorbemerkung:
Der folgende Beitrag geht zurück auf einen Vortrag, der im Rahmen der
Hasenberger Vorträge. am 3.5.1999 in Lennep / Remscheid gehalten wurde.
Der Vortragsstil ist im Wesentlichen beibehalten. Wichtige Literatur ist an den
entsprechenden Stellen in den Fußnoten genannt.
Den beiden Hauptteilen des Beitrags entsprechen die beiden Hauptanliegen:
 

1) eine Darstellung der Entwicklung zum Monotheismus zu geben, die auch die
inneren, theologischen Gründe dieser Entwicklung erkennen lässt und

2) zu zeigen, dass Monotheismus keine bloß numerische Frage nach der Zahl von
Gottheiten ist, sondern dass sich mit dem Monotheismus erst recht die Frage
nach dem Wirken und der Erfahrbarkeit des einen Gottes stellt. Während die
erste Frage als Problem der religionsgeschichtlichen Entwicklung des Alten
Israel derzeit viel - wenn auch kontrovers - diskutiert wird, ist das zweite
Problem bisher noch wenig beachtet und bedacht. Schon die verschiedenen
Antworten des Alten Testaments zeigen, dass in diesem zweiten Thema eine
wichtige Frage des alttestamentlichen Glaubens und damit der jüdischen wie
der christlichen Theologie gegeben ist.


 

1. Einführung
Im Blick auf die verschiedenen Religionen in der Welt werden Judentum,
Christentum und Islam oft zusammengefasst als die monotheistischen
Religionen. In der Tat liegt hier eine Gemeinsamkeit gegenüber der Vielfalt der
anderen Religionen vor. Der Begriff monotheistisch oder Monotheismus scheint
aufs Erste einfach zu bestimmen. Es geht eben um die Verehrung eines einzigen
Gottes im Unterschied zu den polytheistischen Religionen, in denen eine
Mehrzahl von Gottheiten verehrt wird. Näheres Hinsehen zeigt allerdings, dass
wir noch weiter differenzieren müssen. Dass die Dinge nicht ganz so einfach
liegen, zeigt sich auch schon beim Blick auf den für den christlichen Glauben so
wichtigen Gedanken der Trinität. Wir sprechen von dem einen Gott, der nicht
nur in drei Personen, als Vater, Sohn und Heiliger Geist wirkt, sondern der in
sich in diesen drei Personen existiert.

Bekanntlich hat der Islam, der konsequent monotheistisch sein will, erhebliche Schwierigkeiten mit diesem trinitarischen Gottesbild.

Auch im Verhältnis zum Judentum ist die Vorstellung der Trinität
und die Aussage von der Einzigkeit Gottes gar nicht so einfach zu vermitteln.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass in diesen drei monotheistischen
Religionen durchaus auch von über den Menschen stehenden, personhaft
gedachten himmlischen Wesen die Rede ist, nämlich den Engeln. Mit
Monotheismus ist somit gemeint die Vorstellung von einem einzigen göttlichen
Wesen. Sofern neben diesem einzigen Gott auch an andere himmlische Wesen
wie etwa Engel gedacht ist, sind diese Gott eindeutig untergeordnet und
zugeordnet und verdanken sich auch diesem einzigen Gott.
Der Begriff Monotheismus wurde erst in der Neuzeit entwickelt. Er findet sich
seit dem 17. Jh. als Gegenstück zum Begriff des Polytheismus und wurde im
19.Jh. allgemein geläufig. Nicht unwichtig ist, dass dieser Begriff meistens
wertend gebraucht wurde und wird. 2


Wenn wir nun das Alte Testament heranziehen, so finden wir dort eindeutig
monotheistische Aussagen wie etwa in Jesaja: .Außer dir ist kein Gott. (Jes
44,6.8; 45,5; vgl. 43,11; 64,3) und wir finden die Forderung nach der alleinigen
2 .Eindeutig gebildet wird der Begriff in der frühen Neuzeit, zuerst wohl von dem Cambridger
Platonisten Henry More (1614-1687), der damit die christliche Gottesverehrung von jeder
anderen abgrenzen wollte.. Carsten Colpe, Monotheismus, EKL3, Bd. 3, 8. Lfg. 1991, 535-
539; 536. Ein weiterer wichtiger Autor ist David Hume (1711-1776), der Monotheismus auch
bei semitischen Völkern (nicht nur Juden, auch z.B. Babyloniern) [findet, und für den] dessen
Spurenhaftigkeit schon Indiz dafür ist, dass er in den Wechselfällen von Verfolgung und
Restauration auch eine Geschichte haben kann.. (ebd.). Während Immanuel Kant (1724-1804)
den Monotheismus der blinden Vielgötterei gegenüberstellte, wendete ihn Georg Friedrich
Wilhelm Hegel (1770-1831) .statt gegen den Polytheismus auch gegen den Pantheismus...,
wodurch M[onotheismus] endgültig die Mehrdeutigkeit bekommt, in der namentlich die
Religionswissenschaft... seither schwelgt.. (ebd., 536f.).
Entstehung und Entwicklung des monotheistischen Gottesbildes... © S. Kreuzer 2002
 

Verehrung des Gottes Israels, der sich mit dem Eigennamen Jahwe vorstellt,
etwa in der bekannten Aussage am Anfang des Dekalogs: .Ich bin Jahwe, dein
Gott, du sollst keine anderen Götter haben neben mir.. Allerdings zeigt dieser
Satz bei genauerem Hinsehen, dass hier zwar die ausschließliche Verehrung
eines einzigen Gottes gefordert wird, dass aber die Existenz anderer Götter nicht
bestritten, sondern nur ihre Verehrung verboten wird. Ähnliche Aussagen
finden wir an vielen Stellen des Alten Testaments. So wird etwa im Psalm 136
Jahwe der Gott Israels gepriesen als .der Herr der Herren und der Gott der
Götter.. Sogar beim Apostel Paulus, der zweifellos auf dem Boden des
jüdischen Monotheismus steht, finden wir eine Aussage, in der beides
unmittelbar nebeneinander steht, nämlich die Ausschließlichkeit des einen
Gottes und die Aussage, dass es andere Götter geben mag (1 Kor 8,4.6). Dort
heißt es einerseits .wir wissen, dass es keinen Götzen gibt in der Welt und keinen
Gott als den einen. und er fährt dann fort, .und obwohl es solche gibt, die
Götter genannt werden, es sei im Himmel oder auf Erden, wie es ja viele Götter
und viele Herren gibt, so haben wir doch nur einen Gott.. Die Unterscheidung,
um die es hier geht, ist die Unterscheidung zwischen Monotheismus und
Monolatrie.

 

Monolatrie bedeutet Alleinverehrung. Nur ein Gott wird verehrt,
auch wenn es durchaus andere Götter geben mag. Demgegenüber wird
Monotheismus definiert als die Vorstellung, dass es prinzipiell nur einen Gott
gibt und andere Götter nicht existieren. Neben diesen beiden Begriffen
Monotheismus und Monolatrie gibt es noch den Begriff Henotheismus. Dieser
ist griechisch und bedeutet eigentlich dasselbe wie Monotheismus nämlich ein
Gott.3 Häufig wird Henotheismus aber definiert als die vorübergehende
Verehrung eines einzigen Gottes, wobei die Frage der Existenz anderer Götter
offen bleiben kann. Eine solche zeitlich begrenzte Eingottverehrung bildet sich
anscheinend insbesondere in Krisensituationen heraus.
So früher weithin üblich; vgl. auch Ǻke V. Ström, Monotheismus I. Religionsgeschichtlich,
TRE 23, 1994, 233: Der Glaube, dass es nur einen einzigen Gott gibt, heißt Monotheismus.
Unter Henotheismus oder Monolatrie versteht man die Verehrung eines einzigen Gottes und
Anerkennung der Existenz anderer Götter..
 

Die Unterscheidung zwischen Monotheismus und Henotheismus wurde besonders von dem
Indologen Max Müller eingeführt, der mit H. das Phänomen beschrieb, dass . sich der Sänger
der Veden beim Anrufen des einzelnen Gottes für den Moment von Affekt und Stimmung her
gleichsam nur an den einen Gott (griech. kath hena theon) richtete, während die anderen
Götter zurücktraten oder ihre Großtaten ihm zugeschrieben wurden und ihr Attribute in dieser
einen Gottheit aufgingen.. Christoph Elsas, Henotheismus, EKL3 , Bd. 2, 1989, 491.
Noch mehr als an die Hochstimmung des Hymnus wird heute bei der Verwendung dieses
Begriffs an Situationen der Bitte und Klage und an nicht nur den Einzelnen sondern die
Gemeinschaft betreffende Krisensituation gedacht. Die Unterscheidung zwischen
Henotheismus und Monolatrie bleibt jedoch schwierig, zumal auch die Entstehung und
Forderung der Monolatrie nicht ohne konkretes Umfeld sind.
Entstehung und Entwicklung des monotheistischen Gottesbildes... © S. Kreuzer 2002

Wir haben damit zwischen Polytheismus und Monotheismus noch zwei weitere
Begriffe bzw. Religionsformen, den Henotheismus im Sinne einer situativen
oder zeitlich begrenzten Konzentration der Verehrung auf eine einzige Gottheit
und die Monolatrie mit der Verehrung eines einzigen Gottes, ohne dass damit
die Frage der Existenz anderer Gottheiten diskutiert wird. Natürlich sind das
nicht vier Schubladen, in die alles hineinpasst, sondern es sind vier Begriffe, die
die Phänomene beschreiben sollen, wobei es Übergänge gibt. Wenn etwa im
Sinne der Monolatrie nur eine einzige Gottheit verehrt wird, so spielen andere
Götter eben keine Rolle. Insofern ist Monolatrie sozusagen ein praktischer
Monotheismus, während ein Monotheismus im ganz strengen Sinne eher eine
philosophisch abstrakte Größe ist.

 

2. Monotheismus im Alten Testament bzw. im Alten Israel

2.1 Die Quellen
Wenn wir das Alte Testament lesen, so sehen wir auf Schritt und Tritt, dass es
die Verehrung des einen Gottes Israels bezeugt bzw. zu dieser Verehrung
anleiten will. Auf der anderen Seite sehen wir aber auch, dass die Verhältnisse in
Israel eben nicht so waren, wie sie zumindest aus der Perspektive der Verfasser
des Alten Testaments hätten sein sollen. So finden wir z.B. beim Propheten
Hosea auf der einen Seite die klare Forderung der ausschließlichen Verehrung
des einen Gottes Israels, der sein Volk aus Ägypten errettet, durch die Wüste
geführt und den Israeliten das Land gegeben hat. Zugleich hören wir bei Hosea
aber auch die Kritik daran, dass die Israeliten neben Jahwe6 noch andere
 

Zur Forschungsgeschichte und zur aktuellen Diskussion siehe vor allem:
Bernhard Lang (Hg.), Der einzige Gott. Die Geburt des biblischen Monotheismus, 1981.
Ernst Haag (Hg.), Gott, der einzige, QD 104, 1985.
Mark S. Smith, The early history of God. Yahweh and the other deities of ancient Israel, 1990.
Rainer Albertz, Religionsgeschichte Israels in alttestamentlicher Zeit, 1992, 97-101.435-438.
Werner H. Schmidt, Monotheismus II. Altes Testament, TRE 23, 1994, 237-248.
Walter Dietrich / Martin Klopfenstein (Hg.), Ein Gott allein? , OBO 139, 1994.
Christian Frevel, Aschera und der Ausschließlichkeitsanspruch YHWHs, BBB 94, 1994.
Fritz Stolz, Einführung in den biblischen Monotheismus, 1996.
Johannes C. de Moor, The rise of Yahwism. The roots of Israelite monotheism, BEThL 91,
21997.
Martin Beck (Hg.), Elia und die Monolatrie. Ein Beitrag zur religionsgeschichtlichen
Rückfrage nach dem vorschriftprophetischen Jahwe-Glauben, BZAW 281, 1999.
Robert Gnuse, The emergence of monotheism in ancient Israel: A survey of recent
scholarship, in: Religion 29 (1999) 315 - 336.
 

Die Aussprache des Gottesnamens in alttestamentlicher Zeit kann trotz einzelner Fragen im
Detail (eventuell etwas abweichender Auslaut, etwa Jahwäh) als gesichert gelten. Dafür
sprechen grammatische Regeln und Analogien, die Erklärung des Gottesnamens in Ex 3,14,
der liturgische Ruf Hallelu-ja, und schließlich die griechische Transkription Iabe. Die in
Eigennamen anzutreffenden Formen des theophoren Elementes jahu (z.B. Elijahu, Jeschajahu)
oder jo (z.B. Jonatan, Joel) gehen wahrscheinlich auf sprachlich sekundäre Entwicklungen



God bless the forum
ph

 

 

 

 

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