Warum?
Lieber Pfaffenheini,
Du hast dieses Frage bestimmt in verschiedenen Variationen gehört, aber bei mir geht es nicht abstrakt um irgendeinen Fall. Und es fängt mit einem Wort an: Warum ... Warum stirbt ein Mann Anfang 60 eine Woche nach der Hochzeit seines Sohnes und 3 Tage vor der Geburt seines Enkels. Warum muss er sterben bevor er seinen heiß ersehnten Enkel in den Armen halten kann? Wenn Gott unsere Geschicke in den Händen hält, warum macht er dann so etwas. Das ist grausam. Ist Gott grausam? Ich war mir immer ziemlich sicher in meinem Glauben, wenn es auch nicht der Glauben der Kirche ist, aber es ist derselbe Gott. Doch jetzt habe ich den Eindruck, er schweigt. |
Liebe .........,
Es tut mir sehr leid für dich und deine Familie und Freunde, dass ihr einen
geliebten Menschen unter solchen Umständen verloren habt. Den Schmerz darüber
kann aber sicher nur jemand wirklich verstehen, der etwas Ähnliches erlebt hat.
Wie du vielleicht weißt, gibt es eine große Zahl von Trauergruppen, die in
gemeinsamen Treffen einander helfen, den Tod ihrer Lieben zu verkraften.
Einige Hinweise dazu findest du auf:
http://www.laudeturjesuschristus.net/sterben.htm
Ich kenne einige Familien mit einem ähnlichen Schicksal, manchen haben die
Gespräche mit anderen Betroffenen sehr geholfen.
Ich selbst habe einmal ein Kind getauft, das zwei Wochen später völlig
unerwartet am plötzlichen Kindstod gestorben ist. Beim Gespräch mit den Eltern
musste ich, wie meist in solch extremen Situationen, fast nichts sagen. Es hat
schon genügt, einfach zwei Stunden zuzuhören, und den Schmerz dieser lieben
jungen Menschen zu teilen. "Gescheite Sprüche" über Gottes Willen sind mir dabei
keine eingefallen, gerade der Glaube kennt auch die Sprachlosigkeit angesichts
des unermesslichen Leids.
Beim Begräbnis habe ich dann auch die Taufe erwähnt, die wir voll Freude in der
gleichen Kirche nur kurze Zeit zuvor gefeiert hatten. Ein Trost mag sein, zu
wissen, dass dieser geliebte kleine Mensch nun im Himmel ist. Im Volksmund
spricht man hier liebevoll von einem "Engerlbegräbnis".
Angesichts der vielen furchtbaren Krankheiten immer gleich den lieben Gott
verantwortlich zu machen, erscheint mir unangemessen. Gott ist ein Gott des
Lebens, er will die Fülle des Lebens für alle seine Geschöpfe. Für viele
Krankheiten ist die Menschheit als Ganzes mitverantwortlich, andererseits dürfen
wir auch dankbar sein für die großen Fortschritte in der Medizin, die viel Leid
verhindern.
"Gottes Wille" kann und soll keine billige Ausrede für die Willkür des Menschen
oder das Vermeiden des Eingestehens der eigenen Sprachlosigkeit sein.
Gott selbst lädt dich durch die Bibel ein, gerade deine Zweifel und Fragen auch
mit ihm persönlich zu besprechen. Vielleicht hast du ein wenig Zeit, um im Buch
der Psalmen ein (Klage-) Gebet (z.B. Psalm 42, 63, 77, 88, 102,...) zu
finden, durch dass du, wie schon Millionen Menschen vor dir, deinen Kummer ohne
beschönigende Floskeln Gott hinlegen kannst.
Gott segne Dich und Deine Lieben
pfaffenheini